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»Das ist nicht gut!«

Im Stadtteilzentrum von Luis Cabral engagieren sich Kinder und Jugendliche gegen häusliche Gewalt und bekommen Hilfe in der Not

Nach Luis Cabral, einem Stadtviertel der mosambikanischen Hauptstadt Maputo, geht man am besten zu Fuß: Die Straßen sind nicht gepflastert und voller Schlaglöcher. Wenn es regnet, bilden sich große Pfützen. Kaum fünf Kilometer von den schicken Villen der Reichen, den teuren Restaurants und den Luxus-Hotels entfernt sammeln sich hier die Armen - viele von ihnen sind aus den ländlichen Regionen zugewandert, wo Dürren und Überschwemmungen die Ernten mager und das Leben schwer machen. Wenn sie überhaupt eine Arbeit haben, dann häufig als »Guarda«. Für drei oder vier Euro am Tag bewachen sie die Häuser der Reichen.

Luis Cabral besteht vor allem aus dicht an dicht stehenden kleinen Häusern, Hütten und Müll. Aber mittendrin: das Kinder- und Jugendzentrum von »Meninos de Mozambique« (MDM), das von terre des hommes unterstützt wird. Lautes Kindergeschrei tönt aus dem Hof, unter der Überdachung sitzen rund 20 Frauen, an den Wänden hängt eine Ausstellung mit dem Titel »Este corpo é meu!« - mein Körper gehört mir.

»Jeden Tag kommen etwa hundert Kinder hierher«, erklärt die Psychologin Camila Rodrigo. »Manche spielen und manche erhalten Nachhilfe-Unterricht, damit sie in der Schule besser zurechtkommen und sie nicht abbrechen. Die Älteren reden in verschiedenen Gruppen zum Beispiel über ihre Frauen- und Männerbilder und sie überlegen, wie sie die häusliche Gewalt im Viertel eindämmen können. Sie entwickeln Theaterstücke und führen sie auf. Sie schreiben und veröffentlichen Berichte und Reportagen in den lokalen Medien. Und sie sind Ansprechpersonen für die Nachbarschaft, wenn dort Fälle von Missbrauch und Gewalt festgestellt oder vermutet werden.«

Patriarchalische Denkweisen spielen eine wichtige Rolle

Camila und ihre zehn Kolleg*innen arbeiten auch mit Anwält*innen zusammen, die den Gewaltopfern zur Seite stehen. Und einmal pro Woche erkundigt sich das Team in der nahegelegenen Polizeiwache nach Fällen, die dort neu registriert wurden. Häufig geht es um sexualisierte Gewalt und körperliche Gewalt, aber auch um verlassene oder vernachlässigte Kinder. Alkohol und patriarchalische Denkweisen spielt eine wichtige Rolle.

Viele Mädchen aus Luis Cabral sind bereits schwanger, bevor sie 18 sind. Oft machen sich die Väter aus dem Staub, wenn sie davon erfahren. Abtreibungen sind zwar legal, aber für Mädchen aus Luis Cabral oft zu teuer und zu bürokratisch, denn sie müssen ihre Motive schriftlich erläutern und zu Untersuchungen. Deshalb gehen viele von ihnen zu unausgebildeten Frauen und riskieren ihr Leben - oder sie bekommen das Kind. Camila berichtet von einem typischen Fall: »Wir kümmern uns gerade um ein 16-jähriges Mädchen, das von ihrem 21-jährigen Freund geschwängert wurde. Nachdem sie ihm das erzählt hatte, flüchtete er. Sie bekam Zwillinge und niemand half ihr. Die Eltern haben kein Geld. Der Vater ist körperbehindert und die Mutter macht kleine Kuchen und versucht, sie zu verkaufen. Davon kann man kaum leben.«

»Einen neuen Mann möchte ich erstmal nicht«

MDM will das Mädchen mit einer kurzen Ausbildung und etwas Startkapital unterstützen, damit sie ein kleines Geschäft aufmachen und für ihre Kinder sorgen kann. Zwanzig andere Mädchen in ähnlicher Situation haben bereits eine solche Hilfe bekommen. Eine von ihnen besuchen wir in ihrem kleinen Friseurladen, wo sie gerade einem Mädchen die Haare macht: »Meine Nachbarin wusste, dass der Vater meiner Kinder mich verlassen hatte«, sagt sie. »Ich konnte damals nichts zu Essen kaufen und keine Miete bezahlen. Meine Nachbarin hat mir dann erzählt, dass MDM Frauen wie mich unterstützt. Sie haben mir geholfen, meinen kleinen Friseurladen aufzumachen. Ich wohne jetzt mit meinen Kindern allein. Einen neuen Mann möchte ich erstmal nicht.«

Auf dem Weg durch die engen Gassen des Viertels treffen wir Mauricio. Er ist 16 Jahre alt und geht ins MDM-Zentrum seit er 14 ist. »Ich bin in der Mediengruppe und in der Theatergruppe«, sagt er stolz. »Wir haben schon mehrere Stücke gemacht und meistens geht es darin um Gewalt. Hier in Luis Cabral gibt es viel Gewalt. Aber ich denke, es ist weniger geworden, seit wir hier aktiv sind. Wir zeigen unsere Stücke und sensibilisieren die Leute. Sie sollen begreifen: Das ist nicht gut! Ja, vieles hat sich geändert.«

15.06.2023

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